Andrea Kerstinger
Klappentext:
Die kleinteilige und doch so vielfältige Lebenswelt des Burgenlandes schafft den Beobachtungsrahmen für Andrea Kerstingers literarische Fingerübungen. So sind in den letzten Jahren zahlreiche Texte entstanden: Kurzprosa und Erzählungen, Lyrisches und Ironisches. Dass sie in ihrer ländlichen Heimat verwurzelt ist, zeigt die Autorin auch in Dialektgedichten und Beiträgen in ihrer burgenländisch-kroatischen Muttersprache. Andrea Kerstinger hat einen offenen Blick für das Atmosphärische und die Verwerfungen im Zwischenmenschlichen. Schreibend entdeckt sie das Absurde im Alltäglichen, das Besondere im Banalen und das Irritierende in der Idylle. Aber ihre Gedichte und Geschichten entstehen auch aus einem unvoreingenommenen Herzen. Die Tonfolge ergibt sich im Nebeneinander von nachdenklich leisen und lebensbejahend kräftigen Klängen, ergänzt durch harmonische Zwischenakkorde.
Meine Meinung:
Klein, aber oho!
Mit großem Genuss habe ich mir das Büchlein „Fingerübungen: pannonisch. prosaisch. poetisch“ aus der Feder meiner hoch geschätzten Autorenkollegin Andrea Kerstinger zu Gemüte geführt. In ihren kurzen, dichten Texten voller Lokalkolorit führt die Autorin ihre Leserinnen und Leser durch die Tiefen und Untiefen der menschlichen Psyche. Mit Fingerspitzengefühl und Empathie, immer wieder begleitet von einem Augenzwinkern, spannt sie den Bogen über verschiedene Lebensphasen und -situationen, vom zarten Beginn einer neuen Liebe über deren Niedergang im trostlosen Alltag, vom hoffnungsfrohen Aufstreben eines jungen Zuwanderers bis zur lähmenden Vereinsamung einer älteren Arbeitnehmerin, die den Anschluss an die neue Zeit verliert.
Kerstingers Protagonisten sind keine strahlenden Helden und süßen Prinzessinnen, sondern ganz normale Menschen wie du und ich, mit ihren Hoffnungen und Sehnsüchten, Schwächen und Ängsten – und gerade deshalb so glaubwürdig und nahe am Leser. Es erfüllt mich mit Bewunderung, wie gut es der Autorin gelingt, sich in ihre unterschiedlichen Charaktere einzufühlen und den begrenzten Horizont eines „Vorortweibs“ ebenso authentisch zu schildern wie den Teufelskreis, der eine alkoholkranke Stalkerin gefangen hält. Diese Texte zeugen von großer Menschenkenntnis und sozialer Kompetenz der Autorin. Aufgelockert werden sie durch kurze Gedichte voller Wortwitz und Sprachgefühl, die der Leserin, dem Leser ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Leserinnen und Leser, die das Burgenland und den Osten Österreichs kennen und lieben, werden sich über die lebensnahe Darstellung des Dorfalltags und Gesellschaftslebens in Österreichs östlichstem Bundesland freuen, ebenso wie über die Dialektgedichte und die burgenlandkroatischen Texte der zweisprachigen Autorin. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass auch das farbenfrohe Cover aus dem Pinsel der vielseitig begabten Künstlerin Andrea Kerstinger stammt, die mit ihrem Debüt somit ein Gesamtkunstwerk vorlegt.
Von mir gibt es für dieses vielseitige Werk mit Tiefgang und Humor eine klare Leseempfehlung - und eine hervorragende Geschenkidee, speziell für Österreicher und solche, die es werden wollen.
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