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Erst lesen, dann kaufen?

Aktuelle Feiertage rund ums Buch

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen - und wenn man mehr Feierlaune hat, als Feste zur Verfügung stehen, erfindet man einfach neue Anlässe! So oder ähnlich dachte wohl die amerikanische Bibliothekarin, die in den frühen 2000er Jahren den 6. September zum nationalen Lies-ein-Buch-Tag (National Read a Book Day) erklärte.  Mit dem neu geschaffenen Feiertag sollten "Lesemuffel" motiviert werden, sich an ein Buch heranzuwagen. In dasselbe Horn stießen die deutschen Bibliotheken schon in den frühen 1990er Jahren, als sie in einer Werbekampagne an lesefaule Jugendliche appellierten: Schock deine Eltern und lies ein Buch!

 

Als Autorin und Mutter schließe ich mich diesem Appell natürlich mit Leidenschaft an. Allerdings habe auch ich die bittere Erfahrung gemacht, dass sich mütterliche Leselust nicht zwangsläufig auf den Nachwuchs überträgt. Ganz wie es dem verpönten Klischee entspricht, nehmen meine Töchter wesentlich bereitwilliger ein Buch zur Hand als mein Sohn, in dessen Gunst der Computer konkurrenzlos ist. Allerdings hat auch mein männlicher Sprössling jüngst den Weg von Animes (in meiner Jugend hätte man dazu gesagt: Zeichentrickfilmen aus Japan) zu Mangas, den japanischen Comics gefunden. Wenn schon keine Bücher, so verschlingt er wenigstens diese mit Inbrust. 

 

Was ich dazu sage? Man nimmt, was man kriegt! Besser, das Kind liest Mangas, als es liest gar nicht. Und wer weiß, vielleicht führt sein Weg ja eines Tages weiter zu (japanischen) Romanen.

 

Aber zurück zu den kuriosen Feiertagen. Wirklich witzig ist, dass der amerikanische Feiertagskalender den 7. September - also den Tag nach dem Lies-ein-Buch-Tag - als den nationalen Kauf-ein-Buch-Tag ausweist. Echt jetzt? Erst lesen, dann kaufen? Hat sich da irgendjemand etwas dazu überlegt?

 

Wahrscheinlich nicht, denn auch der Kauf-ein-Buch-Tag dürfte die recht willkürliche Erfindung einer Privatperson sein, in diesem Fall des US-amerikanischen Autors Philip Athans, der schlicht und einfach seinen Geburtstag zum National Buy a Book Day erklärte. Der Verdacht, dass er sich selbst damit ein Geburtstagsgeschenk bereiten wollte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

 

So kommt es, dass uns der amerikanische Feiertagskalender anweist, zuerst ein Buch zu lesen und dann eines zu kaufen. Da man die Feste schließlich feiern soll, wie sie fallen, kann das nur eines bedeuten: Nach dem Buch ist vor dem Buch! Denn jeder Tag ist ein guter Tag, um ein Buch zu lesen und gleichzeitig an die Lektüre von morgen zu denken.

 

Hier also meine Empfehlung: Kauft Bücher und lest sie auch! Denn was nach Binsenweisheit klingt, ist die reine Wahrheit: Nicht das, was wir unseren Kindern sagen, sondern das, was wir selbst tun, beeinflusst sie am stärksten. Studien zufolge neigen Kinder, die ihre Eltern lesen sehen, viel eher dazu, selbst zu lesen, als Kinder von Lesemuffeln.

 

Folgerichtig muss ich mich jetzt fragen, warum mein Sohn bei den Mangas hängengeblieben ist. Vielleicht hätte ich in meiner Kindheit doch nicht so viele Mickey Maus Hefte lesen sollen ...


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Kommentare: 1
  • #1

    Prinz Rupi (Donnerstag, 09 September 2021 09:56)

    Mangas sind eine eigene Kunstform, die sich uns »Erwachsenen« nicht auf den ersten Blick öffnen …